Zu der Brust ein Latwerge.

Aus: Kunst und Wunderbüchlein (1631), Kapitel 02, S. 79

Herkunftsbezeichnung(en): Venezianische Zitwerwurzel
Diätetische Verwendung: ,

Originalrezept:

Weissen Rettig / Isop / Alant / Diptan / vnd Im= ber / stoß zu pulver / temperier sie mit Honig zu einer Latwergen. Wiltu sie besser haben / thu darzu Cube= ben / Zimmetrinde vnd Muscatblüh / oder ander gute Specerey. Du magst auch nemen Entian / vnd Ve= nedisch Zitwen / langen Pfeffer / Calmus / Galgen vnd Steinwurtz / vnd vndereinander temperiren wie obstehet / zu einer Latwergen.

Anmerkung:

  • Noch heute wird ein Hausmittel gegen Husten hergestellt, indem man einen Rettich aushöhlt und mit Kandiszucker den Saft herauslöst; allerdings den schwarzen runden Rettich.
  • „Isop“ = der blaublühende Ysop wird seit dem 16. Jh. als Gewürz- und Heilpflanze kultiviert. In der Volksheilkunde beliebt, allerdings kein wissenschaftlicher Nachweis der zugeschriebenen Wirkung möglich. Bei höherer Dosierung sogar Vergiftungserscheinungen.
  • „Alant“ = Korbblütler, seit der Antike als Heil- und Gewürzpflanze verwendet, auch im Mittelalter in der Volksmedizin beliebt, u.a. bei Husten. Kann in höherer Dosis Allergien und Vergiftungen hervorrufen.
  • „Diptan“ = auch Diptam, Dictam, Asch- oder Äschenwurz, Spechtwurz etc.; dekoratives Rautengewächs, seit 1936 in Mitteleuropa unter Naturschutz; die Blüten duften betäubend nach Vanille und Zitrone; Hautkontakt mit den ätherischen Ölen der Pflanze ruft nässende Bläschen hervor. Diese Öle entzünden sich bei Hitze und Windstille von selbst, deshalb auch der Beiname „Brennender Busch“. Die früher geschilderte Heilkraft lässt sich wissenschaftlich nicht belegen.
  • „Cubeben“ = Kubeben- oder Stielpfeffer, Gewürz- und Heilpflanze, im Mittelalter auch als Aphrodisiakum verwendet. Schleimlösende und antiseptische Wirkung.
  • „Venedisch Zitwen“ = die ingwerähnliche Zitwerwurzel (Weißer Curcuma) kam durch die Araber nach Europa, wahrscheinlich über Venedig. Vor allem ein Magen-, Galle- und Lebermittel. Zitwersame (Wurmmittel) und Zitwerkraut stammen allerdings von einer mitteleuropäische Pflanze und haben mit dem echten Zitwer nichts zu tun.
  • „Calmus“ = im 16. Jh. in Mitteleuropa eingebürgert, auch deutscher Ingwer genannt; die bittere Wurzel gilt als magen- und verdauungsstärkend und wird noch heute für Schnäpse und Liköre verwendet.
  • „Galgan“ = Galgant(wurzel), Gewürz- und Heilpflanze aus der Familie der Ingwergewächse; von arabischen Händlern über Indien nach Europa gebracht. Im Mittelalter galt der Galgant in der Heilwirkung als austauschbar mit Gewürznelken: krampflösend, bakterien- und entzündungshemmend, appetitanregend. Eines der Mittel der Hildegard-Medizin.
  • „Steinwurtz“ = Trivialname Hauswurz; es existieren unzählige Arten dieser alten Heil-, Garten- und Zierpflanze. Unter Karl dem Großen wurden die Hausbesitzer angehalten, Hauswurz auf dem Dach zu pflanzen, was vor Blitz und Brand schützen sollte; der Trivialname „Jupiterbart“ weist auf den blitzeschleudernden Göttervater hin. Allerdings schützte der Hauswurz die Dächer wohl eher durch die Speicherung von Feuchtigkeit. Der Hauswurz spielte bis ins 19.Jh. im bäuerlichen Aberglauben eine Rolle und wurde z.B. als Schutz vor Tierseuchen und Hexen eingesetzt.

Transkription:

Andrea Sobieszek

Zitierempfehlung:
Andrea Sobieszek (Transkription): "Zu der Brust ein Latwerge.", in: Kunst und Wunderbüchlein (1631), Kapitel 02, S. 79,
online unter: https://www.historische-esskultur.at/rezeptforschung/?rdb_rezepte=zu-der-brust-ein-latwerge (22.11.2024).

Datenbankeintrag erstellt von Andrea Sobieszek.