Einen Stockfisch zu wässern und zu zurichten.

Aus: Vollständiges Nürnbergisches Kochbuch (1691), Teil 03, Nr. 190

Originalrezept:

MAn nehme erstlich den Stockfisch / und klopffe oder zerbläue ihn wohl mit einem Hammer; man thut aber weit besser / wann man ihn auf eine Hammer= Mühl schicket / und allda denselben wohl zerklopffen lässet: dann wässere man ihn in einem Röhren oder sonst weichen Wasser / sechs / acht / biß in zehen Tage / nach gut befinden / so lang es nemlich der Fisch / (weil einer geschlachter ist / als der andere /) vonnöthen hat; doch muß man ihm alle Tage fleissig ein frisches Wasser geben: zudeme kan man ihn auch anfänglich einen Tag und eine Nacht in einem Kalches oder Lauchen einweichen / und dann erst in das Röhren= Wasser legen; dann beyderley Art ist durch langwierigen Gebrauch / gut befunden / und stehet es jeden frey / diese oder jene / nach belieben / zu erkiesen: Wann dann der Stockfisch also gewässert worden / so schuppe und wasche ihn aus einem frischen Wasser / und ziehe selbigem die Haut ab / darnach blättere den Fisch; doch darff man ihn von dem Wasser nicht all zu hart ausdrucken / sondern man leget das eine Theil der Haut in einen stollichten Hafen / streuet Muscaten= Blüh / Cardamomen und Ingber / wie auch kleine gantze Zwiebeln / und etliche Bröcklein frisches Schmaltz oder Butter darauf: alsdann macht man eine Lage von dem geblätterten Stockfisch / nach diesem wieder von Gewürtz und Schmaltz / und so fort eines um das andere / so viel deß Fisches ist: hernach wird die letzte Lage / von dem andern Theil der Haut / oben darauf gemacht / der Topff zugedeckt / und auf eine Glut gesetzt / worauf man alles / längstens eine halbe Stund / dämpffen lässet; man darff aber nichts daran giessen / dann der Fisch gibt von sich selbsten Brühe genug; solte aber der Brühe / wider verhoffen / gar zu wenig seyn / so kan auch wol ein klein wenig Wasser zugegossen werden: wann der Fisch dann angerichtet werden soll / so saltze ihn erst / und ja nicht vorher / weil er / so er im Saltz siedet / gar gerne hart wird.

Anmerkung:

  • erkiesen  =  (aus)wählen
  • geschlacht =  hier: mürb, zart
  • Stockfisch ist Kabeljau, der direkt nach dem Fangen geköpft, ausgenommen und paarweise am Schwanz auf lange Holzgestelle gehängt wird, die im Freien stehen. Dort trocknet er ca. zwei Monate im salzigen Meereswind, wodurch er dann jahrelang haltbar ist. Diese Konservierungsmethode ohne Salz wurde bereits im Frühmittelalter in Skandinavien praktiziert und verbreitete sich rasch. Durch den früheren Fischreichtum war Stockfisch ein Arme-Leute-Essen; in der Schifffahrt zählte dieser Trockenfisch zu den Hauptnahrungsmitteln der Seeleute.
  • Die Stockfische waren durch das lange Trocknen steinhart und wurden vor dem Wässern meist weichgeklopft, um die Einweichdauer zu verkürzen. Dazu wurde ein breiter Holzhammer verwendet, eine Hammermühle war wohl nur bei großen Mengen erforderlich. Durch das tagelange Einwässern quillt der Fisch wieder auf und wird erheblich größer und schwerer.
  • Das erwähnte Einweichen in Lauge aus Buchen- oder Birkenasche war früher mancherorts üblich, um den Fisch mürber zu machen; durch den Zusatz von Kalk wurde das Fischfleisch zusätzlich weißer und damit begehrter. Beides wurde im 19. Jh. in manchen Landstrichen den Stockfischhändlern aus gesundheitlichen Gründen gesetzlich verboten.

Transkription:

Andrea Sobieszek

Zitierempfehlung:
Andrea Sobieszek (Transkription): "Einen Stockfisch zu wässern und zu zurichten.", in: Vollständiges Nürnbergisches Kochbuch (1691), Teil 03, Nr. 190,
online unter: https://www.historische-esskultur.at/rezeptforschung/?rdb_rezepte=einen-stockfisch-zu-waessern-und-zu-zurichten (22.11.2024).

Datenbankeintrag erstellt von Andrea Sobieszek.


In folgendem Projekt erschlossen: TCS 37 (2017-2019)