Eine Butter= Schlangen.

Aus: Vollständiges Nürnbergisches Kochbuch (1691), Teil 04, Nr. 054

Originalrezept:

WAnn man aus dem Num. 3. oder auch folgenden Butter= Teigen / eine Butter= Schlangen machen und bachen will / muß man den Teig gantz in die Länge an einem Stuck / und einer starcken Spannen breit / auswalchern; das Gehäck dazu wird also gemacht: Erstlich werden abgezogene Mandeln gröblicht / und ein Citronat würfflicht geschnitten / ein wenig geriebenes weisses Brod im Schmaltz wol trocken geröstet / und über einem Kohlfeuer / daß es ein wenig erwarme / darunter gemischt; alsdann Zucker / Zimmet / Cardamomen und Muscaten= Blüh darein gerühret / und mit Rosen= Wasser angefeuchtet: Nun diese Füll oder dieses Gehäck wird auf den ausgewalcherten Teig / so lang er ist / ausgebreitet und vertheilet; zuvörderst aber der Teig also geschnitten / daß er vornen her etwas dicker / und zu End ein wenig schmäler oder zugespitzter seye; auch muß zuvor selbiger / an dem Gehäck / mit einem zerklopfften Ey bestrichen / die Helffte deß Teigs herüber geschlagen / und nur an der Füll herab ein wenig mit den Fingern zusamm gedrucket werden; der leere Teig aber ungefehr nicht gar drey quer Finger breit hervor gehen; welcher dann hernach wol gleich herab= geschnitten / und die Schlangen schön in der Krümme oder Rundung herum gebogen / und bey dem Maul zugespitzt wird; auch kan man von zweyen Wachholder= Beern zwey Augen hinein drucken: indessen zerklopffet man ein Ey / und bestreichet die Schlangen oben damit / der Schnitt aber darff nicht damit getroffen werden / damit der Teig aufgehen könne: dann setzt man sie auf einem Blech in den Ofen / und lästs eine Stund allgemach bachen. Will man solche hernach oben ein wenig übereisen / so nimmt man einen schönen klaren gerädelten Zucker / thut solchen in ein Schällein oder Schüsselein / zwiert ihn mit Rosen= Wasser an / daß er gantz dick wird wie ein Brey: wann nun die Schlangen allerdings gebachen / und nur ein klein wenig ausser dem Ofen gestanden hat / so überstreichet man sie oben her über und über mit dem besagter massen angerührten Zucker; auch kan man / so man will / noch einen krausen Biesam= Zucker darauf streuen / und also von sich selbst ertrocknen lassen. Oder man kan auch / an statt dieses Eisses / nur ein wenig Wasser und Zucker in einem Pfännlein wohl aufsieden lassen / die Schlangen / nachdem sie gebachen worden / damit überstreichen / und nach belieben einen solchen krausen Zucker darauf streuen. *

* Auf eben diese Weise kan man auch die Butter= Küchlein verfertigen.

Anmerkung:

  • „einer starcken Spannen breit“ =  gut 20 cm. Die Spanne ist ein altes Handmaß und wird meist von Daumen bis Kleinfingerspitze der gespreizten Hand gemessen.
  • übereisen = glasieren
  • gerädelt = gesiebt
  • anzwieren  =  anrühren
  • Biesam= Zucker  =  mit Bisam (Moschus) aromatisierter Zucker. Bisam ist eine bräunliche Substanz mit scharf-würzig-bitterem Geschmack und durchdringendem Geruch aus dem Drüsenbeutel des männlichen Bisam- bzw. Moschustieres (kleine Gazellenart, Ostasien). In der TCM verwendet, ab dem Mittelalter nach Europa importiert. Hier ursprünglich in Apotheken vor allem für medizinische Zwecke verarbeitet, aber auch zusehends für die Konfekt-, Parfüm- und Kosmetikherstellung (Seife, Pomade…). Da eine Drüse nur 25 g Moschus enthält und die Tiere selten sind, ist der Preis seit jeher extrem hoch (derzeit ca. 30.000 € / kg), weshalb es oft zu Fälschungen kam. Synthetische Moschusverbindungen sind laut Greenpeace gesundheitsschädlich und schwer abbaubar, belasten also die Umwelt.

Transkription:

Andrea Sobieszek

Zitierempfehlung:
Andrea Sobieszek (Transkription): "Eine Butter= Schlangen.", in: Vollständiges Nürnbergisches Kochbuch (1691), Teil 04, Nr. 054,
online unter: https://www.historische-esskultur.at/rezeptforschung/?rdb_rezepte=eine-butter-schlangen (22.11.2024).

Datenbankeintrag erstellt von Andrea Sobieszek.


In folgendem Projekt erschlossen: TCS 37 (2017-2019)