Originalrezept:
Oder man siedet in einem newen Hafen ein Maß frisch Brunnenwasser / laßts zwey oder drey= mahl auffwallen / thut darvor ein Loht Zimmet darein / vnd wans gesotten vnd gesiegen / auff drey Loth Zucker vnd etlich Tropffen vom Spiritu vitrioli. Wann sol= ches wol kühl / darvon getruncken / löscht grossen Durst vnd hitz. Man mag etwan zwantzig Gran Gersten dar= mit sieden.
Anmerkung:
Spiritus vitrioli kann mit Vitriolgeist oder -säure übersetzt werden und ist ein Nebenprodukt der Erzgewinnung. Diese giftigen (!) Metallsalze der Schwefelsäure bilden färbige Kristalle, je nach Metall, und sind gut löslich. Das grüne Eisen- und das blaue Kupfervitriol wurden vor allem zum Färben von Leder und Stoffen verwendet, zum Imprägnieren von Holz, aber auch zur Bekämpfung von Schädlingen bei Getreide und Wein, zur Tintenerzeugung oder zur Desinfektion. Auch in der Alchimie bei der Suche nach dem Stein der Weisen sowie bei den Rosenkreuzern und Freimaurern spielte Vitriol eine geheimnisvolle Rolle.
Im obigen Rezept fügte man vielleicht einige Tropfen Vitriolgeist hinzu, um eine leichte Blaufärbung hervorzurufen. Da „blau“ mit „kühl“ assoziiert wird, könnte eine kühlende Wirkung auf einem Placebo-Effekt beruhen.
Auch wenn schon damals bekannt war, dass Vitriol giftig ist, verließ man sich vermutlich auf den Grundsatz des Paracelsus „Die Dosis macht das Gift“. Ein paar Tropfen Vitriolgeist auf 1 Liter Wasser waren wahrscheinlich zu verkraften.
Transkription:
Andrea Sobieszek
Zitierempfehlung:
Andrea Sobieszek (Transkription): "Für die Hitz vnd Durst.", in: Koch-Buch für Geistliche (1672), 0963,
online unter: https://www.historische-esskultur.at/rezeptforschung/?rdb_rezepte=fuer-die-hitz-vnd-durst (21.11.2024).
Datenbankeintrag erstellt von Andrea Sobieszek.