Gefüllte Citronen= Sultze.

Aus: Vollständiges Nürnbergisches Kochbuch (1691), Teil 14, Nr. 020

Originalrezept:

SChneidet an der Citronen auf dem breiten Ort ein Blätlein herab / holet mit einem kleinen Messerlein das Saure heraus / werffet also die Citronen in ein frisches Wasser / und last sie über Nacht darinnen ligen; deß andern Tags werffets in einen Hafen mit siedendem Wasser / und siedets biß sie schon weich sind; schabet nachmal mit einem kleinen Löffel= oder Messerlein das Weisse heraus / biß sie durchsichtig werden: Etliche nehmen auch nur frische Citronen dazu / wie sie an sich selbst sind / und sieden selbige nicht ab / sondern schneiden nur also roh das Weisse von der Schalen / so viel sie können / heraus / doch daß die Schelffen kein Loch bekommt; dann giessen sie in ein Häfelein ein oder anderthalb Seidlein / oder drey viertel= Maas / guten starcken Wein / weichen auch Zimmet und Negelein / aber der Zimmet dreymal mehr als der Negelein / zusamt ein wenig Muscatblüh in ein Bindelein gebunden / in einer achtel Maas Wein= oder Citronen= Essig ein: wann man nun vier oder fünff Citronen füllt / muß man ungefehr drey Loth Hausenblasen im Röhrenwasser über Nacht einweichen / hernach die Hausenblasen / den Essig und Wein alles zusammen / eine gute halbe Stund sieden lassen; leget aber ohngefehr ein halb Pfund / oder auch mehr zu Stücklein geschlagenen Zucker nach und nach hinein / kostets / damit es nicht zu süß werde; wann dann selbige noch eine halbe Stund gesotten hat / giesset etliche Tropffen in ein kleines zinnernes Schüsselein / und sehet obs nicht gestehe; wanns gestehet / so kan man sie entweder mit Flecklein / oder aber Saurach= und Wein= Legelein= Safft / roth färben / oder auch eine andere Farbe geben / welche beliebt. Die Füll aber zur Citronen machet also: Schüttet ein wenig von der Sultzen heraus in ein kleines Schüsselein / daß sie in etwas abkühle; mischet dann abgezogene klein= und würfflicht= geschnittene Mandeln darunter / füllets in die Citronen / und setzt selbige auf ein kleines Schüsselein oder Häfelein / daß sie nicht umfallen können / und an ein kühles Ort daß sie bestehen; wann sie nun bestanden sind / stellets wieder in eine Schüssel / auf das breite Ort / daß sie stehen können: bezierets mit Lorbeer= Blättern / daran die Spitzlein verguldet sind / und leget eingezuckerte halbe Citronen= Plätzlein dazwischen: Wann man diese Citronen in einer Sultzen in eine Schüssel legen will / muß man der Sultzen etwas mehr anmachen / und ein wenig davon in eine Schüssel giessen.

Oder:
MAn kan auch dergleichen Citronen von unterschiedlichen Farben füllen / und aus obiger Sultzen drey= oder viererley Farben dazu anmachen: Oder auch in einander / und zwar zu erst in den Boden der Citronen ein klein wenig Mandel= Sultzen giessen / dann bestehen lassen / und wieder ein wenig andere darauf / und so fort an / biß die Citronen voll ist. Die Pomerantzen kan man gleichfalls also zurichten / und mit Sultzen füllen / wie die Citronen / dann es sieht sehr schön und zierlich / wann dergleichen Citronen und Pomerantzen Wechsel= weiß in einer Schüssel mit Sultzen ligen. *

* Wer diese Sultzen nicht von lauter Wein zu machen beliebt / der kan sie auch von Kalbs= Füssen / wie die andern ungefärbten vorher beschriebenen / zusammen richten.

Anmerkung:

  • „mit Flecklein (…) roth färben“ = diese Stoffläppchen sind mit Cochenille getränkt, einem aus der Schildlaus gewonnenen Farbstoff, und eigentlich zum Schminken gedacht; siehe ausführliche Anmerkung zu Rezept Nr. 30 (Zimmet= Sultze)
  • „daß sie bestehen“ = stocken, gelieren

Transkription:

Andrea Sobieszek

Zitierempfehlung:
Andrea Sobieszek (Transkription): "Gefüllte Citronen= Sultze.", in: Vollständiges Nürnbergisches Kochbuch (1691), Teil 14, Nr. 020,
online unter: https://www.historische-esskultur.at/rezeptforschung/?rdb_rezepte=gefuellte-citronen-sultze (22.11.2024).

Datenbankeintrag erstellt von Andrea Sobieszek.


In folgendem Projekt erschlossen: TCS 37 (2017-2019)